Nutzwertanalyse – Komplexe Entscheidungen rational treffen

Die Nutzwertanalyse ist eine qualitative Methode. Ziel einer Nutzwertanalyse ist es, anhand unterschiedlich gewichteter Bewertungskriterien die beste Entscheidungsmöglichkeit rational zu bestimmen.

Die Nutzwertanalyse eignet sich als Methode für Haus-, Bachelor- und Masterarbeiten, deren Forschungsfrage auf das Bewerten eines Forschungsgegenstandes abzielt.

Beachte

Die folgenden Begriffe werden synonym zum Begriff ‚Nutzwertanalyse‘ verwendet.

  • NWA
  • Punktwertverfahren
  • Punktbewertungsverfahren
  • Scoring-Modell
  • Trade-off-Analyse

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Die Nutzwertanalyse in 6 Schritten durchführen

Für die Durchführung einer Nutzwertanalyse gehst du in sechs Schritten vor:

  1. Entscheidungsmöglichkeiten festlegen
  2. Bewertungskriterien definieren
  3. Bewertungskriterien gewichten
  4. Bewertungsmaßstab festlegen
  5. Entscheidungsmöglichkeiten bewerten
  6. Ergebnis auswerten

1. Entscheidungsmöglichkeiten festlegen

Zunächst legst du alle Entscheidungsmöglichkeiten fest, zwischen denen du entscheiden möchtest.

Beispiel Nutzwertanalyse: Entscheidungsmöglichkeiten festlegen

In dieser Bachelorarbeit wird die Nutzwertanalyse angewandt, um für eine Firma das geeignetste Zulieferunternehmen (ZLU) zu ermitteln. Das Beispiel wurde von uns vereinfacht.

Beispiel Nutzwertanalyse
Zulieferunternehmen (ZLU) A Zulieferunternehmen (ZLU) B

2. Bewertungskriterien definieren

Anschließend definierst du die Kriterien, nach denen du die Möglichkeiten bewerten möchtest.

Beispiel Nutzwertanalyse: Bewertungskriterien definieren

In dieser Bachelorarbeit werden folgende Bewertungskriterien definiert, um die Zulieferunternehmen (ZLU) zu evaluieren.

Beispiel Nutzwertanalyse
Bewertungskriterium ZLU A ZLU B
Angebotspreis
Lieferzuverlässigkeit
Lieferqualität
Entfernung vom eigenen Standort
Erfahrung des Lieferanten
Entwicklungspotenzial

Beachte, dass die Kriterien sich nicht überlappen sollen. Andernfalls werden die Ergebnisse durch Übergewichtungen verfälscht. Wenn du z. B. Nahverkehrssysteme untersuchst, sind die Kategorien Umsteigezeit und Wartedauer zu ähnlich.

Beachte: Anzahl der Kriterien

In einer wissenschaftlichen Arbeit sollten zwischen 10 und 50 Bewertungskriterien definiert werden. Es können auch Unterkategorien festgelegt werden (vgl. RKW Kompetenzzentrum).

Beispiel: Masterarbeit Verkehrssystemtechnik

  • Hauptkategorie: Zeit
  • Unterkategorien: Fahrtzeit, Umsteigezeit, Pünktlichkeit

3. Bewertungskriterien gewichten

Im nächsten Schritt gewichtest du die Bewertungskriterien. Dadurch haben wichtigere Kriterien einen größeren Einfluss auf das Gesamtergebnis.

Du kannst in Prozent gewichten. Die Summe der Gewichtungen muss 100 % ergeben.

Wenn du die Kriterien nach eigener Einschätzung gewichtest, wird dies Direct Ranking genannt.

Beispiel Nutzwertanalyse: Bewertungskriterien gewichten

In dieser Bachelorarbeit werden folgende Gewichtungen festgelegt. Dadurch haben die verschiedenen Bewertungskriterien unterschiedlich starken Einfluss auf die Evaluierung der Zulieferunternehmen (ZLU).

Beispiel Nutzwertanalyse
Bewertungskriterium Gewichtung ZLU A ZLU B
Angebotspreis 30 %
Lieferzuverlässigkeit 15 %
Lieferqualität 25 %
Entfernung vom eigenen Standort 20 %
Erfahrung des Lieferanten 5 %
Entwicklungspotenzial 5 %
Gesamt 100 %

Alternativ zum Direct Ranking kannst du zur Gewichtung der Bewertungskriterien eine Präferenzanalyse und einen Analytic Hierarchy Process (AHP) verwenden.

Bei der Präferenzanalyse werden alle Bewertungskriterien paarweise miteinander verglichen und die jeweils wichtigere Möglichkeit wird bestimmt.

Der AHP ähnelt der Präferenzanalyse. Auch hier werden alle Kriterien paarweise miteinander verglichen. Es wird aber nicht nur entschieden, welches Kriterium wichtiger ist, sondern auch, wie viel wichtiger es ist. Dazu kann eine Skala von 1–9 benutzt werden.

Die Präferenzanalyse und der AHP eignen sich vor allem für Nutzwertanalysen mit vielen Bewertungskriterien. Sie ermöglichen eine genauere Gewichtung als das Direct Ranking nach eigener Einschätzung.

4. Bewertungsmaßstab festlegen

Nun legst du fest, wie du die Entscheidungsmöglichkeiten bewertest. Als Bewertungsmaßstab kannst du z. B. eine Skala von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut) verwenden.

Beispiel Nutzwertanalyse: Bewertungsmaßstab festlegen

In unserem Beispiel verwenden wir folgenden Bewertungsmaßstab:

1 = sehr schlecht
2 = schlecht
3 = durchschnittlich
4 = gut
5 = sehr gut

5. Entscheidungsmöglichkeiten bewerten

Im nächsten Schritt bewertest du die Entscheidungsmöglichkeiten anhand des von dir gewählten Bewertungsmaßstabs.

Beispiel Nutzwertanalyse: Entscheidungsmöglichkeiten bewerten

In dieser Bachelorarbeit werden die Zulieferunternehmen (ZLU) folgendermaßen bewertet.

Beispiel Nutzwertanalyse
Bewertungskriterium Gewichtung ZLU A ZLU B
Angebotspreis 30 % 3 4
Lieferzuverlässigkeit 15 % 2 5
Lieferqualität 25 % 3 2
Entfernung vom eigenen Standort 20 % 5 4
Erfahrung des Lieferanten 5 % 4 1
Entwicklungspotenzial 5 % 4 4
Gesamt 100 %

6. Ergebnis auswerten und entscheiden

Abschließend werden die vergebenen Punkte mit den Gewichtungen verrechnet. Bei einer Gewichtung von 30 % und einer Punktzahl von 3 ergibt sich folgende Punktzahl: 0.3 x 3 = 0.9.

Die Punktzahlen werden anschließend zum Gesamtergebnis summiert. Je höher die Punktzahl ist, desto besser ist die jeweilige Entscheidungsmöglichkeit.

Beispiel Nutzwertanalyse: Entscheidungsmöglichkeiten bewerten

Das Verrechnen der Gewichtung mit der jeweiligen Bewertung liefert für beide Zulieferunternehmen (ZLU) ein Gesamtergebnis. In diesem Beispiel schneidet ZLU B besser ab als ZLU A.

Beispiel Nutzwertanalyse
Bewertungskriterium Gewichtung ZLU A ZLU B
Angebotspreis 30 % 3 x 0,3 = 0,9 4 x 0,3 = 1,2
Lieferzuverlässigkeit 15 % 2 x 0,15 = 0,3 5 x 0,15 = 0,75
Lieferqualität 25 % 3 x 0,25 = 0,75 2 x 0,25 = 0,5
Entfernung vom eigenen Standort 20 % 5 x 0,2 = 1 4 x 0,2 = 0,8
Erfahrung des Lieferanten 5 % 4 x 0,05 = 0,2 1 x 0,05 = 0,05
Entwicklungspotenzial 5 % 4 x 0,05 = 0,2 4 x 0,05 = 0,2
Gesamt 100 %                 = 3,35                 = 3,5

Auf Basis der errechneten Gesamtwerte kannst du dein Forschungsergebnis im Diskussionsteil deiner Arbeit interpretieren und evaluieren.

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Vor- und Nachteile der Nutzwertanalyse

Bei der Durchführung einer Nutzwertanalyse sollten einige Vor- und Nachteile berücksichtigt werden.

Vorteile der Nutzwertanalyse:

  • Es können quantitative Kriterien (z. B. Kosteneinsparungen) und qualitative Kriterien (z. B. Kundenzufriedenheit) berücksichtigt werden.
  • Es können viele Kriterien beachtet werden.
  • Es können mehrere Personen an der Entscheidung beteiligt werden.
  • Es können transparente Entscheidungen getroffen werden.

Nachteile der Nutzwertanalyse:

  • Der Aufwand ist relativ hoch.
  • Die Gewichtung der Bewertungskriterien ist subjektiv.
  • Die Bewertung der Kriterien ist subjektiv.
  • Bei der Beteiligung von Personen mit unterschiedlichen Präferenzen kann es schwer sein, Kompromisse zu finden.

Wissenschaftliche Beispiele der Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse kann in vielen Studienfächern als Forschungsmethode eingesetzt werden:

In dieser Bachelorarbeit im Fach BWL wurden drei Customer Relationship Management Systeme miteinander verglichen. Anhand einer Nutzwertanalyse wurde das geeignete Programm für eine Marketing-Agentur bestimmt.

In dieser Bachelorarbeit im Fach Maschinenbau wurden vier NoSQL-Datenbanken miteinander verglichen. Anhand einer Nutzwertanalyse wurde ermittelt, welche NoSQL-Datenbank am geeignetsten für die Datenspeicherung in der Automobilindustrie ist.

In dieser Masterarbeit im Fach Verkehrssystemtechnik wurden Alternativen zum öffentliche Personennahverkehr untersucht. Anhand einer Nutzwertanalyse wurden zwei alternative Mobilitätskonzepte miteinander verglichen und das effizientere Konzept ermittelt.

Häufig gestellte Fragen

Was ist eine Nutzwertanalyse?

Eine Nutzwertanalyse ist eine Methode, die angewendet werden kann, um komplexe Entscheidungen zu treffen. Ziel der Nutzwertanalyse ist es, anhand unterschiedlich gewichteter Bewertungskriterien die beste Entscheidungsmöglichkeit rational zu bestimmen.

Wie mache ich eine Nutzwertanalyse?

Um eine Nutzwertanalyse zu machen, gehst du in sechs Schritten vor:

  1. Entscheidungsmöglichkeiten festlegen
  2. Zunächst legst du alle Entscheidungsmöglichkeiten fest, zwischen denen du entscheiden möchtest.

  3. Bewertungskriterien definieren
  4. Anschließend definierst du die Kriterien, nach denen du die Entscheidungsmöglichkeiten bewerten möchtest.

  5. Bewertungskriterien gewichten
  6. Im nächsten Schritt gewichtest du die Bewertungskriterien. Dadurch haben wichtigere Kriterien einen größeren Einfluss auf das Gesamtergebnis.

  7. Bewertungsmaßstab festlegen
  8. Nun legst du fest, wie du die Entscheidungsmöglichkeiten bewertest. Als Bewertungsmaßstab kannst du z. B. eine Skala von 1 (sehr schlecht) bis 5 (sehr gut) verwenden.

  9. Entscheidungsmöglichkeiten bewerten
  10. Im nächsten Schritt bewertest du die Entscheidungsmöglichkeiten anhand des von dir gewählten Bewertungsmaßstabs.

  11. Ergebnis auswerten
  12. Abschließend werden die vergebenen Punkte mit den Gewichtungen verrechnet. Bei einer Gewichtung von 30 % und einer Punktzahl von 3 ergibt sich folgende Punktzahl: 0.3 x 3 = 0.9.

    Die Punktzahlen werden anschließend zum Gesamtergebnis summiert. Je höher die Punktzahl ist, desto besser ist die jeweilige Entscheidungsmöglichkeit.

Wie viele Kriterien brauche ich für eine Nutzwertanalyse?

Eine Nutzwertanalyse in einer wissenschaftlichen Arbeit sollte zwischen 10 und 50 Bewertungskriterien enthalten. Es können auch Unterkategorien festgelegt werden (vgl. RKW Kompetenzzentrum).

Beispiel Bewertungskriterien

Hauptkategorie: Zeit
Unterkategorien: Fahrtzeit, Umsteigezeiten, Pünktlichkeit (vgl. Masterarbeit Verkehrssystemtechnik)

Was sind die Vorteile und Nachteile einer Nutzwertanalyse?

Eine Nutzwertanalyse hat diese Vorteile:

  • Es können quantitative Kriterien (z. B. Kosteneinsparungen) und qualitative Kriterien (z. B. Kundenzufriedenheit) berücksichtigt werden.
  • Es können viele Kriterien beachtet werden.
  • Es können mehrere Personen an der Entscheidung beteiligt werden.
  • Es können transparente Entscheidungen getroffen werden.

Eine Nutzwertanalyse hat diese Nachteile:

  • Der Aufwand ist relativ hoch.
  • Die Gewichtung der Bewertungskriterien ist subjektiv.
  • Die Bewertung der Kriterien ist subjektiv.
  • Bei Beteiligung von Personen mit unterschiedlichen Präferenzen kann es schwer sein, Kompromisse zu finden.
Wo finde ich weitere Informationen zur Nutzwertanalyse?

Hier findest du weitere Quellen zur Nutzwertanalyse:

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Solis, T. (2023, 21. September). Nutzwertanalyse – Komplexe Entscheidungen rational treffen. Scribbr. Abgerufen am 15. April 2024, von https://www.scribbr.de/methodik/nutzwertanalyse/

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Tobias Solis

Tobias hat Musik, Geschichte und European Studies in Berlin, Regensburg und Madrid studiert. Nachdem er bereits als Lehrer Wissen vermittelt hat, bereitet es ihm nun beim Schreiben viel Freude, komplexe Themen aufs Wesentliche herunterzubrechen.